Personalisierte Medizin

Die personalisierte Medizin (Synonyme: Personalized Medicine, individualisierte Medizin, Individualmedizin) verfolgt den Ansatz einer individuellen Therapie auf Grundlage der einzigartigen Besonderheiten (genetische Ausstattung) des Patienten. Die personalisierte Medizin orientiert sich an dem Zitat „Krankheiten sind so verschieden wie Menschen“. Patienten mit einer identischen Diagnose erhalten nicht die gleiche Therapie, sondern jeweils eine individuelle Therapie.

Jeder Mensch hat seine eigene biochemische Individualität. So werden beispielsweise Medikamente von unterschiedlichen Individuen unterschiedlich metabolisiert (verstoffwechselt). Aber auch klinisch scheinbar identische Krankheiten können auf der molekularen Ebene unterschiedlich ausgeprägt sein.

Ziel der personalisierten Medizin ist es, dem Menschen als Individuum eine optimale gesundheitsbewusste Lebensführung zu ermöglichen. Dazu stehen zielgerichtete individualisierte Diagnostik- und Therapiemethoden zur Verfügung.

Die Verfahren

Die epigenetische Diagnostik (Epigenetik: Spezialgebiet der Biologie; dieses befasst sich mit Zelleigenschaften (Phänotyp), die auf Tochterzellen vererbt werden und nicht in der DNA-Sequenz (Genotyp) festgelegt sind) analysiert Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Genussmittel, sportliche Aktivität, Umweltbelastungen etc.) sowie Vorerkrankungen, Operationen, Dauermedikation etc. auf der Grundlage eines medizinischen Expertensystems* (Gesundheitsrisiko-Analyse).

Die genetische Diagnostik beinhaltet die Familienanamnese (Stammbaumanalyse*) und die molekulargenetische Diagnostik (Molekulargenetische Untersuchungen, Gentests).

Das so gewonnene individuelle Risikoprofil ist einzigartig für jedes Individuum.

Individualisierte Diagnostik

Epigenetische Diagnostik

  • Ernährung − Eine genaue Beurteilung der Ernährungsgewohnheiten (Ernährungsanalyse*) ist für die Erstellung eines persönlichen Risikoprofils notwendig, da das Auftreten und der Verlauf vieler epidemiologisch relevanter Erkrankungen wie Herzkreislauf- und Tumorerkrankungen durch die Ernährung beeinflusst werden können.
  • Genussmittelkonsum − Rauchen und Alkoholgenuss sind zusammen mit der Ernährung relevante Risikofaktoren für eine Vielzahl von Erkrankungen. Zur Erstellung des individuellen Gesundheitsprofils ist der Konsum dieser Noxen (schädlichen Substanzen) zu erfassen und zu bewerten.
  • Sportliche Aktivität − Eine genaue Beurteilung der körperlichen Aktivität/sportliche Aktivitäten (Sportleranalyse*) ist für die Erstellung eines persönlichen Risikoprofils notwendig, da das Auftreten und der Verlauf vieler kardiovaskulären Erkrankungen wie beispielsweise einer koronaren Herzkrankheit (KH) oder eines Myokardinfarktes (Herzinfarkt) durch eine sportliche Aktivität positiv beeinflusst werden kann. Die sportliche Aktivität ist somit als protektiver (beschützender/schützender) Faktor in das individuelle Gesundheitsprofil einzubeziehen.
  • Umweltbelastungen − Schadstoffbelastungen sowohl im Beruf als auch außerhalb des Berufs sind Teil des individuellen Gesundheitsprofils. Schadstoffbelastungen werden häufig bei der Krankheitsentstehung unterschätzt und bedürfen präziser Diagnostik.
     

Genetische Diagnostik

  • Familienanamnese (Stammbaumanalyse*) − Für viele Erkrankungen, so beispielsweise für Tumorerkrankungen wie das Mamma- oder das Pankreaskarzinom (Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs), stellt eine enge Verwandtschaft einen wichtigen Risikofaktor dar. Obwohl das genetische Risiko nicht beeinflussbar ist, hat die Familienanamnese eine entscheidende Bedeutung. Unter anderem müssen daher die Häufigkeit und der Zeitpunkt des Beginns präventiver (vorbeugender) Maßnahmen durch das genetische Risiko angepasst werden.
    Bei einem Kolonkarzinom (Darmkrebs) richtet sich beispielsweise die Dickdarmspiegelung (Vorsorgekoloskopie) nach einem möglichen Erkrankungsbeginn der Verwandten 1. Grades. Um eine ausführliche und aussagekräftige Krankengeschichte der Familie (wer hatte oder hat was gehabt) zu erhalten, wird über drei Generationen abgefragt und zudem festgehalten, in welchem Verwandtschaftsgrad der Patient zu der Person steht, die eine Erkrankung hatte / hat.
    Die molekulargenetische Diagnostik ermöglicht den Nachweis genetischer Risikofaktoren auf der Grundlage genetischer Tests (Gentest): So kann beispielsweise beim Mammakarzinom durch den Nachweis der BRCA-Mutation (BRCA1-, BRCA2-, BRCA3-Gene) ein erhöhtes Risiko nachgewiesen werden.
  • Pharmakogenomik − Die Pharmakogenomik befasst sich damit, wie die Gene eines Patienten auf die Wirksamkeit von Arzneimitteln Einfluss haben. Wenn man zwei ähnliche Patienten hat (Körpergewicht und Funktion der abbauenden Organe), ist die Wirkung eines Arzneimittels trotzdem oft unterschiedlich.   

Die personalisierte Medizin bietet die Möglichkeit einer individualisierten Therapie. Die Grundlage dafür sind sachliche / wissenschaftliche Daten aus dem molekularen und epigenetischen Bereich. (Bausteinbereich der einzelnen Menschen/Patienten). Diese Medizin ist also die höchste Form der Individualisierung. Der Patient erhält so das für sein Genmaterial maßgeschneiderte Medikament in der vorhergesagten wirksamen Dosierung.

Literatur:

  1. Niederlag W, Lemke HU, Rienhoff O.
    Personalisierte Medizin und individuelle Gesundheitsversorgung
    Bundesgesundheitsblatt. 2010. 53:776-782
  2. Baessler A, Fischer M, Hengstenberg C, Schmitz G, Riegger G.
    Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen – Paradigmenwandel in der Medizin
    Dtsch Med Wochenschr. 2006. 131:278-281
  3. Kompendium Internistische Onkologie; Schmoll, H.; Springer Verlag 2005
  4. Paul NW.
    Medizinische Prädiktion, Prävention und Gerechtigkeit: Anmerkungen zu ethischen Dimensionen eines biomedizinischen Ideals
    Ethik Med. 2010. 22:191-205
  5. http://www.aerztezeitung.de/medizin/med_specials/galenus/galenus-2011/article/665596/revolution-therapie-durch-personalisierte-medizin.html
  6. http://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/datenbanken-zu-arzneimitteln/individualisierte-medizin.html