Burnout: Der (Leidens-) Weg

Teil 3: Ihr Körper spricht mit Ihnen.

Sie haben die noch zarten Alarmzeichen Ihres Körpers überhört. Es muss erst richtig krachen, damit Sie aufwachen. Wobei das „Stopp!“ Ihres Körpers eher ein Hilfeschrei ist. Und ab jetzt kennt er nur noch eine Richtung: nach unten! Ich darf Ihnen diese Richtung „nach unten“ übersetzen: Müdigkeit, Erschöpfung, Schmerzen, hoher Blutdruck, Konzentrationsstörungen, Lustlosigkeit (in jeder Beziehung!) usw. Kommt Ihnen bekannt vor? Oder denken Sie gar: „Es ist ungeheuer, was mein Körper sich leistet!“

Jetzt schnell zum Hausarzt um die Ecke. Er soll in den ihm zur Verfügung stehenden 5 Minuten Patientenzeit eine Lösung für Sie  finden. Eine Lösung wofür? Für den Kopfschmerz? Für den hohen Blutdruck? Für Ihre Schlafstörungen? Genau für diese 3 Symptome bekommen Sie 3 verschiedene Medikamente: Paracetamol, Metoprolol (Betablocker) und Zopiclon. Hätten Sie noch 2 bis 3 weitere Symptome erwähnt, hätten Sie 2 bis 3 zusätzliche Medikamente bekommen. Natürlich auf Rezept. Die Frage nach einer Lösung (sprich: Ursache) Ihrer Erschöpfung und Lustlosigkeit bleibt zunächst unbeantwortet oder wird beim nächsten (5 Minuten-) Termin zur Sprache gebracht.

In der Raumfahrt ist Burnout der „Brennschluss“. Das ist der Zeitpunkt, in dem das Triebwerk einer Rakete abgeschaltet wird und der antriebslose Flug beginnt.

Wenn Tabletten nicht helfen ... Irgendwann nerven Sie Ihren Arzt so sehr, dass er auf die Idee kommt, Ihnen eine Psychotherapie zu empfehlen. Meist geht es um eine ambulante Verhaltenstherapie bei einem ortsnahen Psychologen, bei dem Sie lernen, wie Sie sich im kraftzehrenden Alltag verhalten können. Nicht schlecht, oder? Es gibt dabei nur einen Haken: Trotz Suche in den Gelben Seiten und Anfragen bei Ihrer Krankenkasse finden Sie keinen Psychologen, der bereit ist, Sie sofort aufzunehmen. Wartezeiten von 6 bis 12 Monaten sind die Regel. Nicht weil die Psychologen Ihnen nicht helfen wollen, sie sind einfach überlaufen und schaffen nicht mehr als 6 – 8 Patienten täglich. Sie aber stecken vermutlich schon mitten in einem Burnout. Und Ihre Zeit läuft und läuft und läuft ...

Reif für die Insel. Enttäuscht konsultieren Sie wieder Ihren Hausarzt. Er empiehlt Ihnen jetzt den Aufenthalt in einer psychosomatischen (oder orthopädischen) Einrichtung. Ihre Krankenkasse entscheidet erst nach Ihrem Antrag. Das dauert. Und Ihre Zeit läuft und läuft und läuft. Ich spreche hier von Monaten und Jahren, nachdem es Ihnen bereits schlecht geht. Persönlich bewundere ich diese zähen Patienten. Gratulation! Sie dürfen zur Kur. 3 – 6 Wochen raus aus dem grauen Alltag. Das Städtchen (Bad Sowieso ...) ist schön und ruhig, die anderen Gleichgesinnten sind nett, die Anwendungen hilfreich und die Gespräche mit der Psychologin öffnen Ihnen die Augen. Die Klinik ersetzt den Alltag zu Hause. Eine schöne bunte Welt. Wie Urlaub. Wenn Sie Pech haben und landen in einer orthopädisch orientierten Klinik, dann lernen Sie eher, wie man mit neuen Prothesen am besten läuft. Sie lernen weniger, Ihren Lebensstil zu überdenken oder über Ihre Pflichten und Aufgaben zu Hause und im Job nachzudenken. Pech gehabt. Ihre Zeit läuft.

Aber denken wir nicht so negativ! Sie haben die richtige Rehaklinik „erwischt“ und alles läuft nach Ihren Vorstellungen. Wie geht es weiter? Zu Hause, wenn der Alltag Sie wieder fest im Griff hat? Denn es gibt keinen Psychologen weit und breit, der das fortführen kann, was Sie in den 3 – 6 Wochen erfahren haben. Und niemand verändert in 3 – 6 Wochen seinen kompletten Lebensstil. Auch entlassene Strafgefangene wissen meist nicht, was sie draußen machen sollen. Viele sind überfordert und verfallen erneut in alte Muster, so dass sie irgendwann doch wieder im Gefängnis landen. Auf Ihrem Fall bezogen: Die alten, vertrauten, langjährig und mehrfach erprobten Muster stellen sich wieder ein. Es hat sich nichts geändert.

„Da bin ich wieder, Herr Doktor.“

Also Sie wieder zu Ihrem Hausarzt zurück, dem Sie Ihre Beschwerden offenbaren: Müdigkeit, Erschöpfung, Schmerzen, hoher Blutdruck, Konzentrationsstörungen, Lustlosigkeit (in jeder Beziehung). Aber stopp, das sind doch die alten Beschwerden, oder? Wenn doch alles psychosomatisch ist (und das steht schwarz auf weiß in Ihrem Entlassungsbrief an den Hausarzt!), dann müssen jetzt neue Medikamente her. Alles bitte ganz schnell, denn es geht Ihnen längst wieder sehr schlecht. Also Psychopharmaka, ein weites Feld ...

Psychopharmaka sollen die Menge an Serotonin (unser Glückshormon) in der Gewebeflüssigkeit des Gehirns erhöhen und uns dadurch glücklicher machen. Beispiele sind Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram. Sie werden am häufigsten eingesetzt. Aber es gibt zahlreiche andere Psychopharmaka, die – je nach Beschwerdebild – verabreicht werden. Das Gemeinsame an diesen durchaus üblichen Medikamenten ist: sie wirken gut gegen Angst und Panikstörungen, Erschöpfung, Nervenschmerzen, Depression, Psychosen, Schlafstörungen und andere Beschwerden. Sie beruhigen (= unterdrücken) oder stimulieren (= aufhellen). Sie alle haben eine starke Wirkung und sind in manchen Fällen tatsächlich lebens- und lebensqualitätsrettend. Die Nebenwirkungen sollten Ihnen aber auch bekannt sein. Die stehen auf dem Beipackzettel. Für viele scheinen Psychopharmaka ein Weg aus der (Burnout-) Misere. Fazit: Das war‘s. Sie können aufhören weiterzulesen. Sie können aber auch einen anderen oder zusätzlichen Burnout-Therapieweg einschlagen.

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